Oberes Foto (von links nach rechts): André, Lidewij, Beewee, Mattanja, Toine
Unteres Foto (v. l. n. r.): André, Lidewij, Beewee, Mattanja, Joris
Eigentlich hatte ich mich gefreut, nach etwas komplizierter Recherche die aktuelle CD "Stumpknocker's Salute" vor einigen Tagen in Händen halten zu können. Aber dann das: Recht klein gedruckt auf dem Backcover musste ich erfahren, dass die Band um die Gründer Mattanja Joy Bradley und André van den Boogaart sich im Herbst 2016 aufgelöst hatte. Am Bandlogo auf dem Cover waren die Jahresangaben 2006 - 2016 zu sehen.
Auf Englisch lautete der erklärende Text: "This album is dedicated to the 10 year anniversary and end of Bradley's Circus. We sincerely want to thank everybody that has been a part of our journey."
Dadurch wurde die Freude, die CD auf etwas komplizierten Wegen doch ergattert zu haben, deutlich geschmälert.
Bradley's Circus hatte die CD im Oktober "live", d. h. mit einigen geladenen Studiogästen im Audioworkx in Hoogeloon (NL) aufgenommen und noch einige Abschiedskonzerte in den Niederlanden gegeben. Das Album enthält einen Querschnitt aus ihren vier zuvor erschienenen CDs und zwei Bluesklassikern. Einmal Willie Dixons "Wang Dang Doodle" und dem Song "All Of Your Love" von Magic Sam. Die Band spielt gut, Mattanja singt gut, so dass man die Gruppe so gern in Erinnerung behalten wird.
2009 hatten die Osnabrücker Bluesverstärker die Band zur 15. Blueslawine eingeladen. Schon 2008 hatte man uns eine Promo-CD geschickt und im selben Jahr hatten wir die Gelegenheit wahrgenommen, sie beim Schöppingen Open Air in Augenschein zu nehmen und danach stand fest: Diese Leute sollte man in Osnabrück vorstellen.
Die Band hatte einen großartigen Auftritt in Osnabrück dargeboten und kam gut beim Publikum an, wobei die Attraktivität der Sängerin Mattanja Joy Bradley und der Harpspielerin Lidewij Veenhuis sicherlich Anteil daran hatten. Vorher und bislang auch nachher wurden von einer Band noch nie so viele CDs verkauft, wie damals und ich muss es wissen, denn ich sitze am Merchandising-Tisch.
So wie die Gruppe aufhörte, begann sie auch: Live mit dem Album "Live In Holland" (2006). Zu den schon genannten Frauen in der Band (Matanja spielte im Laufe der Jahre auch noch Gitarre und Piano) gehörten André van den Boogaart (auch "Jimmy the Lounge" genannt) an der Gitarre und bei eigenen Songs auch Gesang, sowie Toine Stout (Bass) und Beewee Nederkoorn am Schlagzeug.
Dann folgte 2008 "Shotgun Bunny" und nach diesem Album stieg der Bassist Toine Stout, in Gesprächen ein sehr netter Mensch, leider aus. Er hatte etliche Kompositionen mit ins Repertoire eingebracht, wollte aber in seinen Beruf als Sozialarbeiter zurückkehren, wie mir Mattanja bei einem Konzert bei einem kleinen Kulturverein in Bippen (!) erzählte.
Dann das Abenteuer USA. Auf der Website der Band war der kuriose Weg in die Geburtsstätte des Blues zu lesen: Mattanja und André waren als "Vorhut" hinübergeflogen. Unser amerikanischer Bluesverstärker-Kollege Marty Kirkman hatte sie noch gewarnt, dies nicht ohne Arbeitserlaubnis zu machen, aber was gilt schon der Prophet im eigenen Land (hätte ich beinahe gesagt - passt aber nicht so ganz). Bei der Einreise gaben sie wahrheitsgetreu an, musikalische Kontakte knüpfen zu wollen und Musik zu spielen. Und schon waren sie mangels Arbeitserlaubnis verhaftet worden, mussten eine Nacht im Gefängnis verbringen und wurden tags darauf ausgewiesen und in die Heimat zurückgeflogen.
Beim zweiten Versuch müssen sie aber alles richtig gemacht haben, denn sie hatten 2011 dort als ganze Band "Bang Bang Wa Wee's (welch ein merkwürdiger Titel!) im Dockside Studio in Louisiana eingespielt und 2013 an gleicher Stelle "Kickin' But Not High"produziert, und daraufhin in den USA, auch Konzerte gegeben. Die Stelle des Bassisten Toine Stout hatte nun,seit dieser CD, Joris Verbogt inne, der ein wenig Rock 'n' Roll mit in die Gruppe brachte.
Da die Band beim ersten Osnabrücker Auftritt so erfolgreich war, wurde sie zur Jubiläums-Lawine Nr. 20 ein weiteres Mal eingeladen. Leider waren diese Erlebnisse nicht so schön wie beim ersten Auftritt in Osnabrück. Ein eigener, mitgebrachter Tontechniker aus den Niederlanden, pfuschte dem unserem immer wieder ins Geschäft. Das Konzert war zu laut, die Gesangsspur von Mattanja war von den Bändern verschwunden und somit gab es keinen Mitschnitt von diesem Auftritt. Sehr schade für unser Jubiläum im Jahre 2014.
Trotz allem: Das Leben geht weiter und nun schließt sich hier auch schon fast der Kreis mit dem oben genannten letzten Werk dieser interessanten Band. Während deren Bestehen hatte Mattanja schon ein Solo-Album namens "Wake Me Up" (2013) eingespielt und auf Youtube einige schöne, akustische Titel vorgestellt, wobei sie vom Gitarristen Gerard "Fingerpain" Mewissen unterstützt wurde. Ich könnte mir vorstellen, dass Mattanja Bradley als Solokünstlerin weiter Musik macht, allerdings wird das weniger mit Blues zu tun haben.
Somit sollten wir froh sein, dass wir Bradley's Circus in Osnabrück und Umgebung ein paar Mal erleben durften.
Hans Peter Müller