Peter Green, Mitbegründer der Band "Fleetwood Mac", verstarb am 25. 7. 2020 auf Canvey Island, einer kleinen Insel im Südosten Englands, zur Grafschaft Essex gehörend. Dort lebte er zurückgezogen und nach Angaben seiner Familie starb er friedlich im Schlaf.
Green wurde am 29. 10. 1946 in Bethnal Green, England geboren, als viertes und jüngstes Kind einer jüdischen Arbeiterfamilie. Als Teenager begann er Gitarre zu spielen, beherrschte aber auch die Mundharmonika.
Seine erste musikalische Station war die Band von Peter Barden "Peter B's Looners", wo er aber nicht lange blieb. Oktober 1965 hatte Green die Möglichkeit, Eric Clapton bei "John Mayall's Bluesbreakers" zu vertreten. Als dann Clapton die Bluesbreakers gänzlich verließ, wurde Green ab Juli 1966 volles Bandmitglied und hatte sein Debüt mit dem Album "A Hard Road" im Jahre 1967. Aber im gleichen Jahr beschloß Green zusammen mit Mick Fleetwood, den er von Peter Barden her kannte, eine eigene Bluesband zu gründen. Neben dem Schlagzeuger Fleetwood wurden Mitglieder in der Band John McVie (dem es schwerfiel John Mayalls Band zu verlassen) am Bass, Jeremy Spencer an der Gitarre und später als weiterer Gitarrist Danny Kirwan.
Diese Band hatte ebenfalls Anteil am "British Blues Boom" auf der Insel und Green hatte sich mit den Titeln "Black Magic Woman" (später von Santana gecovert) und dem Instrumental "Albatross" selbst ein Denkmal gesetzt. Aber er kam nicht klar mit den Gebräuchen in der Musikindustrie und war zusätzlich in einer Münchner Kommune in Kontakt mit LSD gekommen, was seiner Gesundheit überhaupt nicht zuträglich war. Am 20. Mai 1970 verließ Peter Green "Fleetwood Mac".
Nachdem später auch Spencer und Kirwan nicht mehr dabei waren, wurde die Band mit amerikanischen Musikern besetzt und hob ab in Rock-Pop-Bereiche, wodurch sie weltweit bekannt wurde und einen Millionenseller nach dem anderen ablieferten.
Peter Green hingegen leistete noch einige kleine Beiträge in verschiedenen musikalischen Projekten, tauchte dann aber vollends ab, als bei ihm Schizophrenie diagnostiziert und behandelt wurde.
1979 erschien Peter Green wieder als professioneller Musiker. Mit Unterstützung seines Bruders Mike brachte er bis in die 80er Jahre eine Reihe von Alben heraus, beginnend mit "In The Skies", um dann erst mal wieder von der Bildfläche zu verschwinden.
In den späten 1990ern formierte er die "Peter Green Splinter Group" mit Hilfe seines Freundes Nigel Watson. Die Band veröffentlichte neun Bluesalben bis Green 2004 aufhörte und nach Schweden fortzog.
Im Februar 2009 begann Peter wieder zu produzieren und auf Tour zu gehen, als "Peter Green and Friends", was aber gar nicht so an die Öffentlichkeit kam. Irgendwann ab dieser Zeit muss er sich in die Stille und Abgeschiedenheit von Canvey Island zurückgezogen haben.
Hans Peter Müller
Der Schwebende:
Zum Tod des großen Blues-Gitarristen Peter Green
von Arne Willander im Rolling Stone, 26.07.2020
Peter Green war kein Interpret seiner selbst, er war, wie er war. Andere schrieben mit Respekt und Bedauern über den halb schlafenden Riesen - er selbst war nicht larmoyant, und es ist sehr wahrscheinlich, dass er die genau die Musik machte, die ihn schweben ließ.
In den späteren Jahren waren es zwei Geschichten, die man immer wieder über Peter Greenerzählte: Als er 1970 bei Fleetwood Mac aufgehört hatte und merkwürdig geworden war, arbeitete er eine Weile als Friedhofsgärtner. Und merkwürdig war er möglicherweise geworden, weil er nach einem Konzert in München bei der Kommune von Rainer Langhans und Uschi Obermaier in Landshut zu viel LSD konsumierte. Green selbst bestätigte später die Legende: „I went on a trip and never came back.“
Mehr noch als bei Eric Clapton beglaubigt Peter Greens Biografie die Fama vom Blues als Schicksal und Berufung, als Grenzgang und Entgrenzung. Peter Green, am 29. Oktober 1946 in Bethnal Green geboren, spielte mit dem Schlagzeuger Mick Fleetwood in einer Band, als er 1966 von John Mayall zu den Bluesbreakers geholt wurde, weil Clapton die Gruppe verlassen hatte. Nach einigen Monaten aber kehrte Clapton zurück und nahm seinen Platz für kurze Zeit wieder ein, bevor er Cream gründete. Da war es es zu spät für Green, der den etwas älteren (und ebenfalls sehr jungen!) Clapton bewunderte. Die Kränkung blieb.
1967 gründete mit Fleetwood die Band Peter Green’s Fleetwood Mac. An dem Namen ist erkennbar, dass es sich erstens um eine traditionelle Blues-Band handelte und zweitens um Peter Greens Blues-Band. In wenigen Jahren entstanden formal wenig spektakuläre, aber unter Blues-Aficionados überaus geschätzte Alben. Greens Song „Albatross“ wurde legendär, „Black Magic Woman“ bald von Carlos Santana berühmt gemacht. Mick Fleetwood rühmte später, als er die Band nach Amerika gebracht und vollkommen verändert hatte, immer wieder Greens Urheberschaft und sein Genie als Gitarrist.
1970 brachte Green die erste Solo-Platte heraus, programmatisch „The End Of The Game“ betitelt. Er trat in weiten Kutten und mit Kruzifixen behängt auf, Improvisationen und Jams waren jetzt die (fehlende) Form, in der er sich ausdrückte; er spielte mit seinem Idol B. B. King und anderen Blues-Männern, ein Journeyman. Green verabscheute emphatisch Krieg und Kapitalismus und war der vielleicht einzige Musiker, der seinen Manager dafür beschimpfte, dass er ihm Geld überweisen wollte, statt es an eine Anti-Kriegs-Organisation zu geben. Er soll in einem Kibbuz gelebt haben, für eine Weile wurde er eine psychiatrische Klinik eingewiesen, er wurde mit Elektroschocks behandelt. Green war ein komischer Heiliger und ein Patient geworden.
Das gepriesene und durchaus erfolgreiche Album „Up In The Skies“ (1979) schien eine Karriere einzuleiten; Green veröffentlichte regelmäßig Platten in den 80er-Jahren, die indes wenig Beachtung fanden. In den 90er-Jahren gründete er Peter Green’s Splinter Group, wiederum ein bezeichnender Name, die ebenso beiläufig und splitterhaft agierte, ganz dem improvisatorischen Blues-Geist verpflichtet.
Noch Anfang dieses Jahres plante Mick Fleetwood, sonst wenig sentimental, eine große Hommage an Green in der Royal Albert Hall, mit der an den Freund erinnern wollte, wahrscheinlich nicht frei von Gewissensbissen. Peter Green war kein Interpret seiner selbst, er war, wie er war. Andere schrieben mit Respekt und Bedauern über den halb schlafenden Riesen – er selbst war nicht larmoyant, und es ist sehr wahrscheinlich, dass er die genau die Musik machte, die ihn schweben ließ. Gestern starb der frei flottierende Blues-Poet Peter Green im Alter von 73 Jahren.
Zum 25. Todestag von Rory Gallagher hatte das WDR - Fernsehen am 8.6.2020 eine 4 Stündige Sendung zu Rory Gallagher gebracht, die wirklich sehenswert ist. Hier der LINK: und ins Suchen-Feld einfach "Gallagher" eingeben, dann die Videos auswählen ...Bernd Falke
Linktipp: Suche WDR
https://www1.wdr.de/suche/wdrsuchseite100.html
Various: Lockdown Sessions - A Downhome Blues Revue (2-
CD)
LOCKDOWN SESSIONS - HOT BLUES AND BOOGIE TO FIGHT THAT CABIN FEVER!
2-CD, Digisleeve (6-seitig) mit 24-seitigem Booklet, 25 Einzeltitel. Gesamtspieldauer ca. 85 Minuten.
• Spontan produzierte nicht-gewinnorientierte Veröffentlichung anlässlich des weltweiten Lock- und Shutdowns, ausgelöst durch die Covid-19-Pandemie.
• Mehr als dreißig Musiker aus acht Nationen haben in ihren Wohnungen 23 Aufnahmen eingespielt und mit internationalen Kollegen geteilt, die wiederum ihren Beitrag hinzugefügt haben.
• Es entstanden virtuelle Sessions mit teils fantastischen Resultaten!
• Stilistisch reicht die Bandbreite von akustischen Beiträgen, Boogie Woogie und lowdown Blues bis hin zu sattem R&B mit mächtigen Bläsersätzen.
• Unter anderem verzichten Grafiker, Toningenieur, Produzent, Promo-Agentur und Label zugunsten der teilnehmenden Musiker auf ein Honorar, sämtliche Netto-Erlöse aus dem Verkauf gehen auf die Konten der Künstler!
• Elegantes 6-seitiges Digisleeve mit 24-seitigem Booklet mit Biografien der mitwirkenden Künstler.
• Notes von Dirk Föhrs (bluesnews.de) und Bill Dahl aus Chicago.
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entweder als Doppel-CD oder digital, auch im Streaming.
Not macht erfinderisch. Das erleben viele von uns gerade aktuell am eigenen Leib. Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen jeden sehr hart, auch Bluesmusiker, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlen: Als sämtliche Musikclubs zur Absperrzone erklärt und die großen Festivals abgesagt wurden, ist ihre Haupteinnahmequelle von heute auf morgen versiegt. Daher greifen sie auf außergewöhnlichen Maßnahmen zurück, um über die Runden zu kommen. Dies belegen die unzähligen Wohnzimmerkonzerte, die in den sozialen Medien als Livestream kursieren.
So wird der Hut virtuell herumgereicht – das, was rein fließt, hilft dem jeweiligen Musiker, die mageren Zeiten zu überstehen.
Zwar ist ‚Lockdown Sessions‘ aus ähnlichen Gründen entstanden, doch diese international besetzte Produktion lässt auch unabhängig von irgendwelchen Hintergedanken aufhorchen. Hier gehen nämlich mehr als 30 hochkarätige Bluesmusiker aus aller Welt mit vereinter Kraft gegen den Lagerkoller vor und überwinden durch ihre gemeinsame Bluesleidenschaft die gesetzlich vorgeschriebene räumliche Trennung.
Als treibende Kraft hinter der Doppel-CD agierte Roger C. Wade, der seit vielen Jahren den Ruf als einer der besten Mundharmonikaspieler Europas genießt. Zunächst tauschte der in Deutschland ansässige Brite mit befreundeten Musikern in der deutschen Szene ein paar Songideen aus, ohne zu ahnen, wo seine Bemühungen hinführen würden. Schnell konnte er die Crème de la Crème der hiesigen Szene für das Projekt gewinnen. Dazu gehören der Sänger und Gitarrist Kai Strauss, der Saxophonist Tommy Schneller, der Multiinstrumentalist Michael van Merwyk, der Bluesveteran Abi Wallenstein und nicht zuletzt auch Andreas und Maddy Arlt von B.B. & The Blues Shacks.
Da das musikalische Aufeinandertreffen nicht im Studio, sondern ausschließlich über digitale Kommunikationswege stattfand, wurden der Beteiligung an der ‚Lockdown Sessions‘ keine Grenzen gesetzt. So kamen mit der Zeit weitere Musiker aus Italien, Spanien, Belgien, Finnland, Frankreich und Großbritannien dazu. Viele davon haben nie zuvor zusammengespielt oder sich kennengelernt. Schließlich wurden einige amerikanische Gäste zur Party eingeladen und haben einen wichtigen Beitrag geleistet, darunter Larry Garner, Nathan James, Aki Kumar, Fred Kaplan und Big Daddy Wilson.
Wer glaubt, ein richtiges Bluesfeeling kann unmöglich zustande kommen, ohne dass man sich gegenübersteht, wird beim Hören der Platte eines Besseren belehrt. Die 26 Titel der Sammlung strotzen vor Spielfreude und lassen die vielfältigen Talente der Lockdown-Musiker zum Vorschein kommen. Die stilistische Bandbreite ist groß und reicht von raffinierten City-Blues über Boogie- Woogie, Swing, R&B bis Country-Blues. Der gemeinsame Nenner ist das, was jeder guten Bluesaufnahme zugrunde liegt: Die versammelten Musiker spielen und singen authentisch, dynamisch, echt.
‚Lockdown Sessions‘ erscheint für einen guten Zweck. Die Einnahmen vom Projekt sollen den beteiligten Musikern über Corona-bedingte Engpässen helfen. Doch vielmehr erfüllt die Produktion für uns alle eine lebenswichtige Funktion: Sie liefert ein wirksames Mittel, eine starke Dosis waschechten Blues, und somit auch einen Schimmer Hoffnung in dunklen Zeiten. Schließlich hat
uns der Blues schon immer geholfen, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. - Vincent Abbate ("eingebloggt" von Bernd Falke)
Little Richard
Der Rock`n Roll hat eine ganze Reihe bunter, schräger Vögel hervorgebracht. und jeder ging abseits der Gefährdungen und Verlockungen der Unterhaltungsindustrie auch ganz persönliche Risken ein.
Little Richard war sein Künstlername, geboren wurde er als Richard Wayne Penniman 1932 in Macon, Georgia. Er wuchs mit 12 Geschwistern auf und hatte wegen seiner geringen Körpergröße den Spitznamen "Little Richard", den er später als Künstlername weiterführte. Sein Vater Bud Penniman sorgte als Klubbesitzer für das Auskommen der Familie (auch mit schwarz gebrannten Schnaps). Er wurde durch die Gospelmusik geprägt und hatte seine ersten Auftritte im kirchlichen Umfeld. Ein Auftritt mit Sister Rosetta Tharpe im Macon City Auditorium machte ihn einem größerem Publikum bekannt. Früh entdeckte er seine homosexuelle Neigung, wurde deswegen von den Geschwistern geneckt und vom Vater verachtet. Allerdings tat das seinem Selbstbewusstsein - zu mindest soweit wir es wissen - keinen Abbruch.
Mit 14 verließ er die Highschool und schloß sich den damals grassierenden Vaudeville Shows an. Beeinflusst durch die "Blues Queens" der damaligen Zeit - die sich den wildestens Träumen ihres Publikums entsprechend kleideten und auftraten: auffälliges Make Up, schwere glänzende Kleider, Gold Ketten und Diamanten, Show-bewusst (heute würde man sagen: kitschig). Little Richard nahm diese Tradition auf und betrat die Bühne in pompöser Aufmachung (James Brown, Patti La Belle, Dolly Parton und Prince werden diese Traditon weiterführen, Elton John ebenfalls).
In New Orleans erlernte und praktizierte er den kreolischen Bluesstil. 1953 entdeckte Johnny Otis in Houston die Gruppe um Little Richard, ihren Frontsänger, der sich als König oder Königin des Blues vermarktete und verschaffte ihnen die erste Plattenaufnahme bei Peacock Records. Nach einiger Zeit als Solo Künstler stellte Little Richard mit dem Schlagzeuger Charles "Chuck" Connor und dem Saxophonisten Wilbert "Lee Diamon" Smith den Kern seiner künftigen Liveband "The Upsetters" zusammen und verfolgte ein deutlich härteres Rhythm and Blues Programm als andere Bands seiner Zeit.
1955 - 1957 kam der Durchbruch: Speciality Records in Los Angeles nahm die ersten Songs von Little Richard auf: Tutti Frutti, Long Tall Sally, Rip it Up, Good Golly Miss Molly, Jenny Jenny and the Girl can`t help it. Die Songs wie die Auftritte waren sexuell aufgeladen, wild und ausserhalb der Normen der damaligen Aufführungspraxis. Er sang mit eine Stimme, die rauh und reibeisen-mäßig klang , wie „Sandpapier“. Die Texte unterbrach er mit Geheul, Falsettos, und Whoops. Er sang mehr perkussiv als melodisch - ähnlich seinem Pianospiel - und er war von Anfang des Auftritts an laut und blieb es die ganze Zeit der Performance über.
Er brachte den neuen Rock Beat – gradzahlige Grooves - in den Blues und Rock`n Roll und überwand damit den bis dahin dominierenden Shuffle -Rhythmus, behielt aber die Verse / Chorus Form des Blues bei. Der Sound seiner Band war dunkler und wirkte kräftiger, als die anderer Rhythm and Blues Bands. Seine Personalität war authentisch und energetisch.
Bald war der selbst erklärte "Architekt des Rock'n'Roll" bekannt für seinen durchdringenden Sound, legte die Grundsteine für Funk und Soul. Songs wie "Tutti Frutti" und "Long Tall Sally" machten ihn in den Fünfzigerjahren zum Wegbereiter des Rock'n'Roll. Auch sein Klavierspiel und seine hoch aufragende Pompadour-Frisur waren Markenzeichen. Knapp drei Jahre lang war Little Richard auf dem Höhepunkt seiner Karriere, tourte durch die USA und feierte offen bisexuell wilde Partys. Seine Konzerte, bei denen der häufig als "Gott des Rock'n'Roll" gefeierte Musiker mit dünnem Schnurrbart, greller Schminke, falschen Wimpern und wilden Kostümen auftrat, brachten mitten in der Rassentrennung Weiße und Schwarze zusammen – zum Entsetzen radikal-konservativer Politiker und Vereine.
Doch dann war 1957 plötzlich Schluss. Bei einer Konzertreise nach Australien entschied sich Little Richard spontan, die Musik hinzuschmeißen und Priester zu werden. Seitdem lebte der schrille Künstler zwischen zwei Welten – der Kirche und der Musik. "Gott war gut zu mir", sagte er in einem Interview. "Jeden Samstag gehe ich in die Kirche, jeden Samstag, das verpasse ich nie. Und freitags eröffne ich den Sabbattag."
Immer wieder startete Little Richard aber auch Comeback-Versuche. Er tourte Anfang der 1960er Jahre mit den damals noch weitgehend unbekannten Rolling Stones durch Europa und verhalf dem jungen Jimi Hendrix zum Start seiner Karriere.
Little Richard steht in der Tradition afroamerikanischer Musik – mit einem Bein im Blues, mit dem andern im Kirchengesang , mit dem "Dritten" im damaligem Jazz / Swing / Boogie Woogie.
Bei Little Richard kamen sich allerdings die religiösen Überzeugungen und sein ungehemmter, hedonistischer Lebensstil immer wieder in die Quere. Früh schon begann er in Kirchen der Erweckungsbewegung zu predigen. Und 1958 absolvierte er eine mehrjährige Ausbildung zum Priester. Damals distanzierte er sich, vorübergehend, vom säkularen Rock’n’Roll, um sich wieder vermehrt der Gospelmusik zuzuwenden.
Und obwohl er den Soul und den Funk in seiner Musik vorbereitet hatte, war ihm kein Erfolg beschieden, als er sich später auf die damals modischen Genres einlassen wollte. 1977, als überall nur noch Discomusik lief, zog er sich dann ein zweites Mal aus dem Musikgeschäft zurück, diesmal bis Mitte der achtziger Jahre. Mit seiner Skepsis gegenüber der weltlichen Musik blieb Little Richard nicht allein. Seinem Beispiel folgte damals etwa auch der Soulsänger Al Green – auch dieser kehrte der Pop-Musik den Rücken, wurde Priester und sang wieder traditionelle Gospel-Hymnen.
Die Schallplattenaufnahmen von Little Richard vermögen bloss einen um das Live-Erlebnis zensierten Eindruck davon zu vermitteln, was der Rock’n’Roll-Pionier auf der Konzertbühne darbot in einer Zeit, die in jeder Hinsicht hoffnungslos überfordert sein musste mit dieser Unperson: einem grell geschminkten, offenbar übergeschnappten Schwarzen mit einer durchdringenden Stimme wie eine Alarmsirene.
Doch das Verrückteste dabei war, dass Little Richard tatsächlich auch Erfolg hatte. Warum? Weil er einfach zu gut, nein zu brillant war, um übersehen, um überhört zu werden. Er pflasterte den Weg für James Brown und für Prince und für zahllose weitere afroamerikanische Musiker. Aber auch einen David Bowie hat er inspiriert, Elvis hat ihn gecovert, die Rolling Stones oder Paul McCartney erklärten sich zu seinen Fans, ja selbst Bob Dylan zählt ihn zu seinen Idolen.
Der Autor John Waters, der 1987 für den «Playboy» ein Interview mit der Rock’n’Roll-Grösse führte, schwärmte von dem Enthüllungsbuch «The Life and Times of Little Richard» in den höchsten Tönen. Und Jimi Hendrix, der für kurze Zeit in seiner Band gespielt hatte, sagte: «Ich wollte mit meiner Gitarre tun, was Little Richard mit seiner Stimme anstellte.»
Am Samstag dem 9. Mai 2020 hat das Musikmagazin «Rolling Stone» den Tod von Little Richard vermeldet.
Bernd Falke für den "Bluesverstärker"